Erschienen am: 29.07.2009
Zeitung: Güstrower Anzeiger
Redakteur: MK
Ein Abräumer mit Humor
Lalendorfer Alf Möser gibt beim Elektro-Rollstuhl-Hockey Gas
Lalendorf/Lohmen – Die Trikotnummer trägt Alf Möser nicht wie andere Sportler auf dem Rücken, sondern auf dem Beinschutz seines Rollstuhls. Der 39-Jährige ist seit 19 Jahren querschnittsgelähmt. Für den Lalendorfer kein Hindernis, den Spielfluss seiner Gegner beim Elektro-Rollstuhl-Hockey zu unterbinden, Bälle abzublocken und den nächsten Angriff einzuleiten.
Alf Möser ist ein „Nording Bull", einer von 13 behinderten Sportlern, die als eigenständige Abteilung im SV 90 Lohmen mit Hockeyschläger und einem gelochten Plastik-Ball auf Punkte- und Pokaljagd gehen. Der Rentner agiert wahlweise in der Abwehr oder als Torhüter.
Zwischen den Pfosten stand Alf Möser früher auch für die Fußballer der KSG Laiendorf – „bis zum 25. Oktober 1990“. Diesen Tag kann der leidenschaftliche Eisbären-Berlin-Fan nicht aus seinem Gedächtnis streichen: „Wir hatten Training, und ich habe mit einem Mitspieler eine Rückenübung gemacht, bei der er mich schultern sollte. Dabei ist er aber nach vorne gekippt, und ich bin auf dem Kopf gelandet.“
Alf Möser brach sich die Wirbelsäule und den Hals, verletzte sich das Rückenmark und war fortan an den Rollstuhl gefesselt. „Ich habe neulich im Fernsehen gesehen, dass die Hansa-Profis diese Übung auch machen. Das ist erschreckend“, meint er. Doch trotz dieses schweren Schicksalsschlages ließ sein sportlicher Ehrgeiz nie nach. Nur zwei Jahre nach dem Unglück begann er mit dem Elektro-Rollstuhl-Hockey (kurz E-Hockey), einem anerkannten Reha-Sport. „An diesem Sport fasziniert mich, dass sowohl Technik als auch Taktik entscheidend sind. Außerdem ist es die einzige Ballsportart für Schwerstbehinderte, die in einer Mannschaft spielen wollen“, erklärt der 39-Jährige.
Sich selbst bezeichnet er als „Abräumer oder Libero“. Neben dem Torwart ist Möser der einzige im Team der „Nording Bulls“, der mit einem fest montierten Schläger, der von oben betrachtet wie ein Kreuz aussieht, spielt. Mittlerweile bringt der Lalendorfer die Erfahrung aus 17 Jahren E-Hockey mit auf das Spielfeld. Im Bundesliga-Team der „Nording Bulls“ zählt er zum Stammpersonal und trug dazu bei, dass sie in den vergangenen beiden Spielzeiten jeweils den vierten Rang belegten. „Für uns war im vergangenen Jahr auch der dritte Platz drin, aber drei unserer Stammspieler fehlten im entscheidenden Spiel krankheitsbedingt. Dennoch ist es schon ein Erfolg, dass wir nicht gegen den Abstieg spielten“, sagt Alf Moser.
Mit den „Nording Bulls“ aus Lohmen gehört er zu derzeit etwa 20 E-Hockey-Teams deutschlandweit. Möser: „Die Regeln sind eigentlich ganz einfach, viele sind denen vom Feldbzw. Eishockey abgeschaut.“ So gebe es z. B. bei Foulspiel im Strafraum einen Penalty Bei grobem Fehlverhalten müsse ein Spieler für zwei Minuten vom Feld, erklärt er.
Insgesamt stehen fünf Spieler pro Mannschaft auf dem 28 mal 16 Meter großen Feld. „Und es herrscht ein Tempolimit. In Deutschland darf man nicht schneller als zehn km/h fahren. Das ist auch wesentlich sicherer“, sagt Alf Möser. Er selbst habe sich mal das Bein gebrochen, als er noch ohne Schutz spielte. „Aber das habe ich ja nicht gemerkt“, sagt er schmunzelnd.
Seinen Humor hat der Lalendorfer trotz seines Handicaps nie verloren. Eine ernste Miene legt Alf Möser erst auf, wenn er an verstorbene Teamkollegen denkt. „Fünf sind schon von uns gegangen, seitdem ich spiele – eine ganze Mannschaft.“ Aber damit müsse man immer rechnen. Viele E-Hockey-Spieler hätten Muskel-Erkrankungen und eine geringe Lebenserwartung, ergänzt er.
Doch Elektro-Rollstuhl-Hockey hat auch ganz alltägliche Probleme. „Uns fehlt der Nachwuchs, daher wollen wir uns mehr im Breitensport engagieren“, sagt Möser. Einsatz zeigt der Lalendorfer nicht nur im Verein als Trainer, Spieler und Sektionsleiter. Er prägte auch maßgeblich die Entwicklung des E-Hockeys in Mecklenburg-Vorpommern. Nur ein Grund, warum er im Dezember 2002 die Bundesverdienstmedaille erhielt. „Die habe ich bekommen, weil ich nicht nur an mich denke, anderen mit dem gleichen Schicksal Mut mache und ein Vorbild bin“, sagt Alf Möser über diesen besonderen Moment in seinem Leben.
Start |
Team |
Erfolge |
Media |
Förderverein |
Links |
Gästebuch |
Datenschutz |
Kontakt
© Nording Bulls 1992-2024 – Alle Rechte vorbehalten